Forschung
Der Grundstein für eine vertiefte wissenschaftliche Auseinandersetzung zum Schutz und Erhalt von Glocken wurde 1996 durch das Fraunhofer-Institut in Darmstadt (LBF) gelegt. Angeregt durch deutsche Glockengießer und gefördert durch den Verein deutscher Gießereifachleute (VDG) wurden dort unter dem Thema „Bestimmung der Einflussgrößen auf die Lebensdauer von Glocken“ grundlegende Erkenntnisse zur Bewertung der Läutebelastungen auf Kirchenglocken erarbeitet. Von 2005 bis 2008 wurden im Rahmen des Europäischen Forschungsprojekts „Maintenance and protection of bells“ an der Hochschule Kempten in Zusammenarbeit mit acht europäischen Glockengießern, zwei Universitäten sowie dem Beratungsausschuss für das deutsche Glockenwesen diese Erkenntnisse auf eine breitere Datenbasis bezogen und die Beanspruchungsmechanismen läutender Glocken systematisch untersucht, um Methoden und Werkzeuge zu entwickeln, die den Schutz und Erhalt von Glocken für die alltägliche Arbeit der Glockenfachleute zu ermöglichen. Nach Abschluss des Projektes wurde an der Hochschule Kempten das Institut „Europäisches Kompetenzzentrum für Glocken ECC-ProBell®“ gegründet, um die Forschung an Glocken auf Basis der erarbeiteten Ergebnisse weiterzuführen.
Kirchenglocken werden beim Läuten durch das Anschlagen des Klöppels hohen Belastungen ausgesetzt, die nicht selten zu Schäden führen. Starker Verschleiß und Risse führen dazu, dass der Glockenklang nachhaltig verändert und schließlich zerstört wird. Nur mithilfe aufwendiger Reparaturarbeiten kann eine Wiederherstellung der Glocke erreicht werden, die dann jedoch nicht mehr vollständig belastbar ist.
Aus der Vielfalt an Läutekulturen in Europa und der Vielschichtigkeit im Umgang mit Glocken haben sich folgende zentrale Zielsetzungen für die Forschungsarbeit an Glocken herauskristallisiert:
- Weiterentwicklung der Läuteoptimierung zur Verminderung der Belastungen bei hoher Klangqualität auch bei besonderen Läutebedingungen (z.B. Südtiroler Hochläuten)
- Entwicklung präventiver Prüfmethoden zur Vermeidung ausgeprägter Ermüdungsschäden (Musikalischer Fingerabdruck von Glocken)
- Entwicklung von Läutekonzepten zur Verminderung der Schallabstrahlung bei Beibehaltung hoher Klangqualität
- Entwicklung von Prüfmethoden für die Betriebssicherheit von Glockenaufhängungen (Jochen), Glockenstühlen, Klöppelkonstruktionen, Glocken aus Ersatzmaterialien
- Schulung von Glockensachverständigen, Architekten und Glockenfachfirmen
Labore
Zur Forschung an Glocken stehen an der Hochschule Kempten ein schallisoliertes Messlabor, ein zertifiziertes Labor für Werkstofftechnik und Betriebsfestigkeit sowie ein Akustiklabor zur Verfügung. Über 20 Glocken und zahlreiche Klöppel können in den vorhandenen Glockenstühlen unter verschiedenen Läutebedingungen erprobt und in Dauerversuchen untersucht werden. Kompetenzen im Bereich Stahlbau, Elektronik sowie Regelungs- und Steuerungstechnik ermöglichen darüber hinaus Untersuchungen und Analysen an Glockenstuhlkonstruktionen sowie zum Antrieb von Glocken.
Auswertung
Zur Analyse des Läuteverhaltens von Glocken und zur Entwicklung neuer Läutekonzepte stehen darüber hinaus umfangreiche Messmittel sowie Hard- und Software zur Simulation und Berechnung zur Verfügung.